Der Altar im christlichen Verständnis

Philipp Harnoncourt

Wem die Aufgabe gestellt ist - sei er nun Architekt oder Bildhauer oder Verantwortungsträger in einem Kirchlichen Bauausschuss -, einen Altar in einer Kirche zu errichten, der muss sich zunächst der Mühe unterziehen zu überlegen, was denn der Altar in der Kirche überhaupt ist, wozu er gebraucht wird und was er bedeutet.
Da der Altar keine Erfindung der Christen ist, sondern zum Grundbestand der Kultausstattung fast aller Religionen gehört - er ist wichtiger und älter als der Tempel! -, will ich zuerst Sinn und Funktion des Altares in der allgemeinen Religionsgeschichte (1.) und im alten Israel (2.) aufzeigen, sodann das spezifisch christliche Verständnis (3.) darlegen und schließlich eine Überlegung zum notwendigen künstlerischen Anspruch der Altargestalt (4.) anstellen.

1. DER ALTAR IM KULT DER RELIGIONEN

Mit Altar wird in der Religionswissenschaft die für die Darbringung des Opfers bestimmte und in der Regel ausschließlich dafür reservierte Stätte bezeichnet.
Der Altar ist anfänglich eine Feuerstätte, wie denn auch alle kultischen Opfer - zuerst die Brandopfer, in denen Opfergaben verbrannt werden, später die Rauchopfer, in welchen die rauchende Glut selbst Symbol für das immaterielle, geistige Opfer ist - mit Feuer zu tun haben.
Da das Opfer immer einer Gottheit gilt, die man sich "oben" vorstellt, ist der Altar in der Regel erhöht, d.h. er kann auf einem Hügel oder Berg errichtet sein, oder er ist selbst hoch erbaut.
Der Altar als kultische Opferstätte ist zugleich auch Stätte der Theophanie, oder er markiert einen Ort, an dem die Nähe und das Wirken der Gottheit erfahren worden sind, als Gedenkstätte. Als Stätte der Begegnung mit der Gottheit, die immer Furcht einflößt, wird der Altar von seiner Umgebung abgegrenzt: Graben, Zaun, Mauer usw. umgeben ihn. Nur dem Priester, der das Opfer darbringt, wird Zutritt gewährt, das Volk bleibt fern, wirft sich zu Boden und erwartet, dass die Gottheit durch das Opfer gnädig gestimmt wird und Segen gewährt.
Der Altar ist daher auch Stätte, von der Segen ausgeht. Das Opfermahl ist Zeichen des Segens, der uns leben lässt. Umschreiten, Berühren, etwas Mitnehmen sind weitere rituelle Formen, sich des vom Altar ausgehenden Segens zu versichern. Als Stätte des Heils erweist sich der Altar auch dem Feind und dem Verbrecher, die hier sicheres Asyl finden.
Allen diesen Feststellungen entsprechen auch die Schilderungen im Alten Testament, das an unzähligen Stellen von Altar, Opfer und Segen spricht.

2. DER ALTAR IM ALTEN ISRAEL

Anders als in anderen Religionen wird das Opfer in Israel nicht in erster Linie als Bittopfer verstanden, mit dem der Mensch sich aus eigener Initiative an Gott heranmacht, um sich seiner Gunst und seines Segens zu versichern. Gott hat sich ja in seinen Großtaten schon immer als gnädig und treu erwiesen. Als Schöpfer und Retter, als Hirt und Vater schenkt er den Seinen Segen, noch ehe der Mensch etwas tut, um Gottes Segen zu erwirken.
Das Opfer in Israel ist daher zuallererst Lob- und Dankopfer, dann erst Bitt- und Sühnopfer. Dasselbe gilt übrigens auch, ja in erster Linie für das Gebet im Volk Gottes, das ja mit dem Opfer und mit dem ganzen Leben im Einklang stehen soll.
Seit der Patriarchenzeit ist der Altar für Israel auch Denkmal für erfahrene Großtaten Gottes und Bundeszeichen: Noach errichtet nach der großen Flut dem Herrn einen Altar; Abraham, Isaak und Jakob bauen ihre  Altäre, dann vor allem Mose nach dem rettenden Weg durch das Rote Meer.
Die Errichtung des Heiligen Zeltes und später der Bau des Tempels in Jerusalem und die gesamte Institution des israelitischen Priestertums sind ausschließlich dem Opferdienst am Altar gewidmet.
Typisch für Israel ist der Glaube an einen einzigen Gott, der sich schließlich in der Kultzentralisierung auf den einen Tempel in Jerusalem besonders deutlich ausdrückt. Außerhalb von Jerusalem hatte nach dem babylonischen Exil jeder Ort seine Synagoge, in der es aber weder einen Priester noch einen Altar, noch irgendwelche Opfer gab. Dennoch gibt es hier deutlich erkennbare Zusammenhänge mit dem Opferdienst des Tempels, weil sich die Synagogen täglich zu den selben Zeiten zum Gebet versammeln, zu denen im Tempel in Jerusalem Morgen-, Mittags- und Abendopfer dargebracht werden.
In der Kultkritik der Propheten - besonders deutlich bei Amos und Jesaia - wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Gott an den Opfern und Gebeten seines Volkes kein Wohlgefallen hat, wenn es ihm nur Böcke und Stiere, das Geplapper der Lippen und das Geplärr von Liedern darbringt, die Hingabe der Herzen aber schuldig bleibt, auf die allein es ankommt. "Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!" (Mt 9,13; vgl. Hos 6,6).

3. DER ALTAR IN CHRISTLICHER SICHT 

3.1. CHRISTUS - PRIESTER, OPFER UND ALTAR DES NEUEN BUNDES 

Nach dem klaren Zeugnis des Neuen Testamentes, das im Hebräerbrief besonders deutlich ausgesprochen ist, haben im Leben und Wirken Jesu jeglicher Opferdienst und jedes Opfer-Priestertum seine endgültige Erfüllung gefunden. Neben und nach Jesus Christus gibt es keinen Priester mehr; neben und nach seiner Ganzhingabe an seinen Vater und für seine Mitmenschen, die daraus neues Leben empfangen, gibt es kein Sühnopfer mehr.
Christus selbst ist Altar und Priester, Opferstätte und Opfergabe in einem. Er weist auf sich selbst als Tempel hin, der niedergerissen, aber von ihm in drei Tagen wieder aufgebaut wird (Joh 2,19). Auf ihn selbst trifft alles zu, was bisher vom Altar gesagt wurde:

° Nicht nur sein Tod am Kreuz, sondern sein ganzes Leben ist Hingabe im Gehorsam zum Willen des Vaters (Joh 4,34; 6,38; Lk 2,49) und Hingabe für das Heil der Menschen (Joh 10,11; 15,18).
° Er wird in Tod und Auferstehung "von der Erde erhöht" (Joh 3,14; 8,28; 12,32).
° Er ist Stätte der Theophanie; in ihm ist Gott bei uns erschienen und uns - zwar verhüllt - nahegekommen (Joh 1,14).
° Er ist Ursprung alles Segens; in ihm ist unser Leben erneuert und vollendet (Eph 1,3-14; Kol 1,12-20).
° Er ist unsere Opferspeise; seinen in den Tod gegebenen Leib reicht er uns als Speise für das ewige Leben (Joh 6,27-35.48-58), und sein am Kreuz vergossenes Blut ist uns Trank hochzeitlicher Freude (Lk 22,18).

Entsprechend diesen fundamentalen Aussagen vermeiden das Neue Testament und die ältesten christlichen Schriften sorgfältig, von Tempel, Priester, Altar und Opfer in den Christengemeinden zu sprechen. Die Christen müssen sich gefallen lassen, als "Atheisten" beschimpft zu werden, weil sie weder Tempel bauen noch Altäre haben und weil sie keine Priester kennen, die für sie Opfer darbringen. 
Das Kult-Vokabular des Alten Testamentes wird nur auf Christus und seine rettende Hingabe angewandt, nie aber auf die Liturgie in den Versammlungen der Christengemeinden. Auf diesem  Hintergrund ist auch die reformatorische Kritik an der mittelalterlichen Lehre und Praxis von Messopfer und Weihepriestertum in der Kirche zu verstehen.

3.2. DER TISCH DES HERRN

Die frühchristliche Kirche, die Altäre, Opferpriester und Kultopfer strikt zurückweist, kennt aber von Anfang an in ihren Gemeinden die regelmäßige sonntägliche  Versammlung zum Herrenmahl, denn beim Letzten Abendmahl hat Jesus seinen Jüngern geboten: "Tut dies als mein Gedächtnis!" (1 Kor 11,24f). Für die Feier des Herrenmahles, die grundsätzlich überall stattfinden kann, brauchen sie Brot und Wein als Speise und Trank sowie zwei Geräte: einen Tisch und einen Becher, wie man sie für jedes festliche Mahl benötigt.
Um nun das Herrenmahl mit seiner besonderen Glaubensdimension, die es von sonstigen Gastmählern jeglicher Art nicht nur unterscheidet, sondern im wörtlichen Sinn abhebt, zu unterstreichen, werden Tisch und Becher sehr bald stilisiert; später werden auch der Raum, die Kleidung der Amtsträger, Worte und Gebärden der Feier stilisiert, d.h. in eine besondere Form gebracht, die sie zu Zeichen des Glaubens macht: Sie sollen über sich hinausweisen.
Zeichen des Glaubens - und dazu gehört auch der christliche Altar als "Tisch des Herrn" - sollen nicht nur brauchbar und zweckmäßig sein, sondern durch ihre Stilisierung nach oben und in die Tiefe offen sein und das liturgische Geschehen zu einem "heiligen" Geschehen ausweiten, das die Menschen mit Gott verbindet und bis auf den Grund und bis zur Vollendung alles Seins reicht.
Diese formale Stilisierung kennt zwei Spielarten:

° Reduzierung, um von der Fixierung auf das Vordergründige freizumachen, und
° Intensivierung, um zum Unermesslichen hinzuführen.

Das gilt auch für den Becher und für den Tisch:
Essen und Trinken werden zum kleinen Bissen und zum bloßen Schluck reduziert, denn es kommt nicht darauf an, leiblichen Hunger und Durst zu stillen. Das Trinkgefäß aber wird zum kostbaren Kelch intensiviert, der auf die Glaubensbedeutung des Trinkens hinweist: die Hochzeit Gottes mit den Menschen.
Der Tisch der Mahlgemeinschaft wird in seiner Größe so reduziert, dass nur noch der Zelebrant an ihm Platz nehmen kann, denn es gibt hier keine große Sättigung; andererseits weisen kostbares Material und Ausstattung (Intensivierung) auf seine Glaubensbedeutung hin: die Gegenwart Jesu im Herrenmahl, das Gedächtnis seiner Heilstat und das himmlische Hochzeitsmahl.
Bei aller notwendigen Stilisierung dürfen aber die liturgischen Symbole der Erkennbarkeit ihres ursprünglichen Sinnes nicht verlieren: Das Brot muss als Speise, der Messkelch als Trinkgefäß und der Altar als Tisch für das Herrenmahl immer zu erkennen sein.
Das, was wir heute in der Kirche unbefangen "Altar" nennen, was aber seinem Ursprung nach keine Opferstätte, sondern ein Tisch ist, heißt bei den Griechen heute trapeza und lateinisch mensa. Einige Jahrhunderte blieb die einfache Tischform - mit vier Füßen oder mit einem Mittelfuß und darauf liegender flacher Platte - vorherrschend, doch wird Holz als Material für die Mensa zunehmend durch kostbaren Stein ersetzt, und zugleich wird aus dem tragbaren Gerät ein unbewegliches, zentrales Ausstattungsstück des Kirchenraumes.

3.3 DAS MÄRTYRERGRAB

Für die weitere Entwicklung der Altarform hat die Periode der Christenverfolgungen bis heute Bedeutung, denn zur Messfeier in Katakomben und anderen Grabanlagen, die sicheres Asyl boten, hat man die Nähe von Märtyrergräbern gesucht.
Aus diesen Brauch ergibt sich ein zweifacher Zusammenhang:

° der Kirchenbau an der Grabstätte von Märtyrern und
° die Mensa als sepulchrum (=Grab) für Märtyrer bzw. Reliquien von Heiligen.

In jedem Altar, sogar im kleinsten, nur aus einer dünnen Steinplatte bestehenden Tragaltärchen (= portatile), mussten Reliquien bestattet sein. Diese Regelung galt bis zum II. Vatikanum.
Neben den Tisch tritt daher in den abendländischen Kirchen schon früh der Sarkophag als Form für den Altar, die bis in die Gegenwart - besonders ausgeprägt im Hochbarock! - deutlich erkennbar bleibt.
Weil jedes Märtyrergrab in gewisser Weise als Grab Christi gilt, ist die Sarkophagform des Altars ein deutlicher Hinweis darauf, dass im Grab Christi der Wendepunkt aus dem Tod ins Leben, aus der Erniedrigung in die Erhöhung, aus dem Hinabstieg zum Hinaufstieg gesehen wird. Am Grab Christi wird das Mysterium paschale, das Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung offenkundig. Gerade darin sieht die Kirche das zu feiernde und in der Feier zu proklamierende "Geheimnis des Glaubens: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit!" (Messliturgie).

3.4. STÄTTE DER GEGENWART DES KREUZESOPFERS

Für die gleichzeitige und weitere Entwicklung des Verständnisses von Kirche und Mensa haben wir unsere Aufmerksamkeit noch einem anderen maßgebenden Bereich zuzuwenden, der Entfaltung der Messtexte und der Unterweisung der Christen über den Sinn der Messfeier.
Schon Jesus hat beim Letzten Abendmahl darauf hingewiesen, dass er seinen Jüngern im gebrochenen Brot seinen "Leib, der hingegeben wird" und im Kelch sein "Blut, das vergossen wird zur Vergebung der Sünden", zum Essen und zum Trinken reicht (Mt 26,26-28; par.). Und Paulus weist im ersten Brief an die Korinther darauf hin, dass wir "den Tod des Herrn verkünden, bis er kommt, sooft wir von diesem Brot essen und aus diesem Kelch trinken" (1Kor 11,26).
Weil in der Feier des Herrenmahles die Vergegenwärtigung der lebensspendenden Todeshingabe Christi nicht leicht zu erkennen ist, wird dieser Zusammenhang in Gebet und Belehrung besonders unterstrichen und hervorgehoben. "Sieh her auf dieses Opfer, himmlischer Vater, das du selbst deiner Kirche bereitet hast", so spricht der Zelebrant im 3. Eucharistiegebet. "Die hl. Messe ist die unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Jesu", so steht es schließlich in den katholischen Katechismen.
Es ist konsequent, dass diese Betonung der Gedenkfeier des Opfers Christi in der Feier des Herrenmahles die mensa, den Tisch des Mahles, zum Altar umdeutet, auf dem das Kreuzesopfer dargebracht wird. Dies kommt in der immer häufigeren Verwendung des Wortes "Altar" und auch in formalen Angleichungen zum Ausdruck.
Zugleich finden noch andere ähnliche Umdeutungen statt: der Vorsteher (griech.: antistes), der Aufseher (episkopos) und der Älteste (presbyteros) sind Bezeichnungen nicht-kultischen Ursprungs für Gemeindeleiter. Diese werden jetzt mehr und mehr Opfer-Priester (griech.: hiereus; lat.: sacerdos) angesehen; und die Kirche (griech.-lat. ekklesia = Versammlung der Gläubigen und Raum für diese Versammlung) wird zum Tempel, zur heiligen Opferstätte und zum Haus Gottes.
Unterstützt und beschleunigt wird diese Entwicklung durch die sogenannte konstantinische Wende (nach 313), weil das Christentum als Staatsreligion die Konkurrenz mit anderen Religionen und deren Tempeln, Altären, Priestern und Opfern bestehen muss.
Die theologische Rechtfertigung bekommt diese Entwicklung schließlich durch eine neu gewonnene Einstellung der Christen zum Alten Testament, in welchem nun das Urbild des Bundes Gottes mit seinem Volk gesehen wird, dem die Kirche als Abbild und Erfüllung zu entsprechen hat.
So wird jetzt die Liturgie der Kirche nicht mehr dem Kult Israels als etwas ganz anderes und Neues gegenübergestellt, sondern als dessen erfüllende Vollendung gesehen. Die Kathedralen, Münster und Klosteranlagen sind das "neue Jerusalem", jede Kirche ist ein Tempel mit Opferaltar, und der Klerus mit seinen Paramenten stellt die Priesterschaft und die Leviten des neuen Israel dar.
Ganz konsequent tritt nun als dritte Form für den Altar der massive Steinblock als Opferstätte den Formen von Tisch und Sarkophag zur Seite. Verschiedene Kombinationen sind möglich und verbreitet.

4. DER ALTAR ALS KUNSTWERK - EIN ZEICHEN DES HEILIGEN

Im Altar - sei er nun Tisch des Herrn, Märtyrergrab oder Ort der Darbringung des Erlösungsopfers - sieht die Christenheit ein Symbol der Gegenwart Christi inmitten der Versammlung. Dieser Deutung entsprechen einerseits Hervorhebung, Verehrung und Ausstattung des Altars im Kirchenraum, andererseits seine künstlerische Qualität.

° Jede Kirche sollte nur einen Altar haben, weil es nur einen Herrn, einen Priester und ein Opfer unserer Erlösung gibt.
° Der Altar wird zur Messe mit Tüchern gedeckt und mit Lichtern umgeben, vom Zelebranten feierlich begrüßt (Kniebeuge, Verneigung, Kuss), umschritten und inzensiert (mit Weihrauch beräuchert).
° Auf den Altar sollte nichts anderes hingestellt werden als die Gefäße mit Brot und Wein für die Feier der Eucharistie.

Neben diese gewissermaßen "vorgeschriebenen" Hervorhebungen ist - vor allem in den letzten Jahrzehnten - eine von Regeln und Funktionen unabhängige, eigenständige künstlerische Hervorhebung getreten. Der Altar wird als Kunstwerk geschaffen, freilich nicht als autonomes Werk der plastischen Kunst, auf dem gerade noch zelebriert werden kann, sondern als ein durch seine Funktion und seine Symbolbedeutung gebundenes Werk, das aber trotz dieser Bindungen, ja gerade wegen dieser Bindungen höchstem künstlerischen Anspruch genügen soll.
Warum und wozu auch das? Und ist das heute überhaupt möglich?
In der gegenwärtigen Situation, in der auf der einen Seite die Gegenstände des täglichen Gebrauchs vor allem zweckmäßig und kostengünstig zu sein haben, darüber hinaus aber bestenfalls noch "gefällig" im Design, in der jedoch auf der anderen Seite die autonome Kunst mit absolutem Anspruch auf totale Freiheit und Zwecklosigkeit, aber auch auf höchste künstlerische Qualität auftritt, scheint "Gebrauchs-Kunst" keinen Platz mehr zu haben und bestenfalls zweitklassig zu sein.
Es ist der unerlässliche und unverzichtbare Anspruch des schlechthin Heiligen, der gerade heute höchste künstlerische Qualität fordert, wo immer das Mysterium des Glaubens berührt wird und in Erscheinung treten soll. Das Gefällige und das Banale - wir begegnen dem heute leider nur allzu oft in der Kirche und ihrer Liturgie - können diesem Anspruch des Heiligen niemals gerecht werden.
Seit das Heilige in Verkündung und Lehre, in rationaler Reflexion und moralischer Forderung durch die Reduzierung auf die beschränkten Möglichkeiten der verständlichen verbalen Sprache seiner absoluten Transzendenz und seiner Qualität als Mysterium beraubt zu sein scheint, ist die Kunst als Hüterin und als Garant des Heiligen herausgefordert.
Höchste Kunst ist nicht überflüssiger Luxus, sondern sie hat gerade in der Gegenwart eine unverzichtbare Aufgabe!
Höchste Kunst bringt die Geschwätzigen zum Schweigen, die Zerstreuten zur Sammlung, die Oberflächlichen zur Tiefe und die Sehenden zu staunender Einsicht. Höchste Kunst auch für die Feier der Liturgie, die Feier der Mysterien des Glaubens, zu schaffen und bereitzustellen bedeutet behutsames Hinführen zum Heiligen, ist Dienst am Glauben und darum auch Heilsdienst gegenüber der Welt - tiefste Würde vollendeter Kunst!

Hier ist es gut sein! - 
Hier wollen wir bleiben! - 
Hier ist Leben! - 
Hier ist Friede! - 
Hier ist Gott!

Altar Marquardkapelle Stift Wilten

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